Namen für Parkabschnitte, Plätze und Brücken im Landesgartenschaugelände

Porträtfoto von Elisabeth Waldner

Elisabeth Waldner

Porträtfoto von Hubert Sohler

Hubert Sohler

Foto aus einer mittelalterlichen Darstellung von Elisabeth Fueg
Karte des Parkgeländes entlang der Oberen Argen mit neuen Namen

Karte des Parkgeländes entlang der Oberen Argen

Mit den Vorbereitungen zur Landesgartenschau 2024 sind die verschiedenen Abschnitte im Gelände mit Namen versehen worden. Auch die Brücken und Plätze im Gelände wurden bezeichnet. Allen Besucherinnen und Besuchern, aber auch den Rettungsdiensten soll damit die Orientierung erleichtert werden.

Sieben Abschnitte umfasst das mehr als 40 Hektar große Gelände entlang der Oberen Argen. Der ERBA-Park liegt zwischen dem großen Parkplatz Süd, dem Werkskanal und dem Platz rund um den Schornstein. Dieser bekommt die Bezeichnung ERBA-Platz. 

Pionierin der Naturforschung gibt den Namen
Geht man auf direktem Weg vom Eingang beim großen Parkplatz in Richtung der Argenwiese, quert man den Kanal über den Neubau aus dem Jahr 2018. Diese Brücke trägt künftig den Namen Sibylla-Merian-Brücke. Die frühe Naturforscherin (1647-1717) ist Teil der berühmten Merian-Familie und war mit ihren Zeichnungen sehr erfolgreich. Die Papiere, auf denen ihre kunstvollen Schmetterlings- und Blumenaquarelle überliefert sind, tragen unter anderem das Wasserzeichen der Papiermühle Lottenmühle. Es zeigt das Stadtwappen der ehemaligen Reichsstadt Wangen. Der künftige Brückenname bezieht nicht nur diese Geschichte ein, sondern auch den Beginn der ERBA. Denn 1857 erwarben die Schweizer Baumwollfabrikanten Eduard Widmer und Johannes Blattmann die Lottenmühle als erste Liegenschaft, um an die Wasserkraft der Oberen Argen zur Gründung der Baumwollfabrik zu gelangen.

Die Argenwiese erstreckt sich über die große Wiese jenseits der Oberen Argen vom Prallhang bis zum Kanal. In diesem Parkabschnitt gibt es drei Brücken. Die derzeit noch in der Sanierung befindliche Bogenbrücke ganz im Süden Geländes bekommt den Namen Ried-Brücke. Mit dieser Eisenbahnbrücke unbekannter Herkunft wurde in der Nachkriegszeit das große Flurstück „Ried“ zwischen Argen und Steilhang erschlossen.

ERBA produziert Gaszellen für Zeppelin
Die beiden großen Argenquerungen an der Argenwiese ermöglichen die Erschließung des Parks. Die Brücke zur ERBA hin wird Zeppelinbrücke genannt, jene zu den Auwiesen erhält den Namen Dornierbrücke. „Wir wollen dabei an zwei Themen aus der Geschichte der ERBA erinnern“, sagt Oberbürgermeister Michael Lang. 
Hintergrund: Die Gaszellen des Verkehrsluftschiffs „Graf Zeppelin“ wurden seit 1928 im ERBA-Werk Wangen hergestellt. „Als einziger Betrieb in Deutschland konnte das Wangener Werk die Gaszellen des 1928 in Dienst gestellten Verkehrsluftschiffs ‚Graf Zeppelin‘ spinnen und weben“, sagt Stadtarchivar Dr. Rainer Jensch. Auch die „Filmhaut“ der Gaszellen des 1937 in Lakehurst/USA verunglückten Luftschiffs „LZ Hindenburg 129“ stammte aus der Wangener Produktion. Mit einer Länge von 245 Metern gehörte es zu den größten der jemals gebauten Luftfahrzeuge. Somit erinnert die Zeppelinbrücke an den hohen technischen Stand der Wangener Feinspinnerei und -weberei.

Vom Flugzeugbauer zum Webmaschinenhersteller
Die Dornierbrücke erinnert an zwei Phasen der Geschichte der ERBA. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Webereihallen ab 1942 von den Dornier-Werken in Friedrichshafen für Rüstungszwecke genutzt. Dort wurde der Rumpf für das Kampfflugzeug Do-17 zusammengebaut. Teil dieser Geschichte ist auch das 1943 von den Dornier-Werken errichtete Barackenlager für deportierte Zwangsarbeiterinnen aus dem Osten. Es stand in den Auwiesen ungefähr dort, wo die neue Brücke gebaut ist.
Mit dem Kriegsende hörte auch die Flugzeugproduktion des Unternehmens auf. Die französischen Besatzer brachten die Webmaschinen der ERBA als Reparationsleistungen nach Frankreich in dortige Textilunternehmen. So wandte sich die ERBA-Leitung an Peter Dornier mit der Bitte, Webstühle zu bauen. Damit vollzog sich die Konversion des Flugzeugbetriebs zu einem der weltweit führenden Webmaschinen-Hersteller. Der Einsatz von Dornier-Webmaschinen war im ersten Jahrzehnt nach dem Krieg ein bedeutender Faktor für den wirtschaftlichen Aufschwung der Wangener Textilindustrie.

Menschen sollen möglichst auch ein Gesicht bekommen. Deshalb wird der Platz vor dem neuen Kindergarten Anna-Chmel-Platz heißen. „Anna Chmel ist eine junge Frau, die in dem Lager lebte und von der wir nicht nur wissen, sondern auch ein Bild haben“, sagt OB Lang.

Erinnerung an die Schweizer Gründer
Der Platz liegt somit auch am Rande des Auwiesenparks, der sich zwischen der Wohnbebauung und dem Werkskanal bis zum Ende der Werkgärten zieht. Der Platz zwischen den Werksgärten, dem Kanal und dem neuen attraktiven Energiespielplatz erinnert an die Schweizer Textilunternehmer, die die ERBA gründeten. Der Name Schweizer Platz schließt sowohl die beiden Gründer Eduard Widmer und Johannes Blattmann ein wie auch die weiteren Finanziers, die aus der Region Schaffhausen kamen.

Planung eines Stegs bei den Werksgärten
Im Zuge der Sanierungsarbeiten rund um die Werksgärten musste der baufällige Steg zwischen den Gärten und den Arbeiterwohnhäusern über den Kanal rückgebaut werden. Derzeit wird der neue Steg vorbereitet und noch während der Landesgartenschau eingehoben. Dieser Steg soll Friedrich-Fröhlich-Steg heißen und wird damit an den Obermeister Friedrich Fröhlich erinnern, der vom Erlanger ERBA-Werk nach Wangen kam und die Kammgarnspinnerei in der ERBA in Wangen mitaufbaute. Sein Sohn Hans Fröhlich gründete 1963 gemeinsam mit Hans Zoller das Unter¬nehmen Zoller + Fröhlich in einem Kohlenkeller in der Erzbergerstrasse in Wangen. Es wurden Steuerungen für die Automatisierung hergestellt. Seit 1966 befindet sich das Unternehmen am Atzenberg. Nach dem frühen Tod von Hans Zoller im Jahre 1974 baute Hans Fröhlich zusammen mit seiner Ehefrau Gertrud das Unternehmen erfolgreich zu einem Marktführer in den Bereichen isolierte Aderendhülsen und Maschinen für die Crimptechnik von Aderend-hülsen und gedrehten Kontakten aus. 
1993 kam ihr Sohn Dr.-Ing. Christoph Fröhlich ins Unternehmen und erweiterte den Produktbereich um 2D- und 3D-Laserscanner.
Das Unternehmen ist heute weltweit erfolgreich vertreten. Seit 2009 führen die Geschwister Christoph und Cathrin Fröhlich das Unternehmen gemeinsam.

Von den „Gärten am Herzmannser Weg“ zum Sportpark
Verlässt man den Auwiesenpark über die neue Auwiesenbrücke aus Cortenstahl, erreicht man den Geländeteil, der einerseits von der Argen, andererseits vom Bahndamm begrenzt ist. Weil sich hier viele Gärten befinden, wird er als „Gärten am Herzmannser Weg“ bezeichnet. 
Jenseits der großen Bahnbrücke schließt sich der Sportpark an, der südöstlich der Argen bis zur Isnyer Brücke reicht und die Argeninsel einschließt. 

Erinnerung an einen Wangener Industriepionier
Die neue Rad- und Fußgängerbrücke bei der großen Bahnquerung bekommt den Namen Hubert-Sohler-Brücke. Sie rückt damit einen Wangener Industriepionier ins Licht. Er gründete in den Hallen der ERBA-Weberei 1945 eine Maschinenfabrik, die Webmaschinen, Holzhäuser und Skier produzierte und bis heute unter dem Namen Sohler-Neuenhauser GmbH & Co. KG lufttechnische Anlagen für die Textilindustrie herstellt. Sohler setzte nach dem Krieg die gesprengte große Bahnbrücke über die Obere Argen instand, so dass dort am 30. Oktober 1945 erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein Zug von Hergatz nach Wangen fahren konnte. Diese Brücke wurde im Januar 2020 von der Bahn abgebaut und durch das neue Bauwerk ersetzt. Die Steine der Brückenpfeiler wurden im Park in der Argenwiese eingesetzt. Neben der großen Eisenbahnbrücke befindet sich jetzt die neue Rad- und Fußgängerbrücke, die den Gehrenberg mit dem Schul- und Sportzentrum verbindet.

Rainer Jensch schreibt über Hubert Sohler: 1945 erschloss er sich mit seinem neu gegründeten Unternehmen „Holz- und Metallbau GmbH“ Geschäftsfelder, die sich in den ersten Jahren nach den dringendsten Aufgaben und vorhandenen Ressourcen richteten. Zunächst setzte die Firma die bei Kriegsende gesprengten Eisenbahnbrücken bei Wangen und Ratzenried instand. Es folgten große Reparaturaufträge an Eisenkonstruktionen vorwiegend im Raum Friedrichshafen. 1948 verlegte sich der Metallverarbeitungsbetrieb dann auf die Herstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Fahrzeugen. Von der ERBA kam der Auftrag, Webstühle nach Vorlage zu bauen. Im Frühjahr 1949 verließ die Firma die Webereihalle, um in einen eigenen Fabrikneubau im Wangener Industriegelände westlich des Bahnhofs umzusiedeln. Hier begann die Entwicklung und Produktion von Webstühlen und lufttechnischer Anlagen für die Textilindustrie, womit das heutige Unternehmen Sohler-Neuenhauser, das in dritter Generation von Mark Sohler geführt wird, bis heute erfolgreich ist. Eine weitere Abteilung der Firma bestand in der Holzverarbeitung, die sich in den ersten Nachkriegsjahren vor allem auf die Herstellung von Holzfertighäusern spezialisiert hatte. Im Jahr 1953 wurde diese Abteilung dann in eine Skifabrik umgewandelt. Durch die Initiative von Hubert Sohler wurde die „Freie Wählervereinigung“ gegründet, deren Fraktionssprecher er von 1948 bis 1954 war. Er war dabei auch dritter Stellvertretender Bürgermeister.  

Stifterin der Hospitalstiftung geehrt
Zwischen Gehrenbergsteg und Isnyer Brücke liegt die neue Brücke beim Gebäude der Bürgerstiftung und dem Pflegeheim der Hospitalstiftung. Sie wird Elsbeth-Fueg-Brücke (gesprochen u-e, nicht ü) heißen und damit den Namen der Stifterfamilie des Hospitals im öffentlichen Gedächtnis erhalten. „Ihre Stiftung war“, wie Rainer Jensch sagt, „die bedeutendste Stiftung des 15. Jahrhunderts in Wangen.“

Brücken und Stege im Stadtgarten
Der wohl an Brücken reichste Abschnitt an der Oberen Argen dürfte der Stadtgarten bei der Altstadt sein. Von der Isnyer Brücke flussaufwärts kommt zunächst der neue Schiebel-Steg beim Trafohäuschen. Schon sein Vorgänger war nach Schreiner Hypolith Schiebel benannt, der dort in der Vergangenheit lebte und seine Werkstatt hatte. 
Zwischen dem sanierten Gerbersteg, der sich auf das ehemalige Gerberviertel in der Nachbarschaft bezog, und dem privaten Hafnersteg (ebenfalls in Anlehnung an einen früheren Anwohner in Wangen so bekannt), liegt die neue Argenquerung mit dem Namen Elisabeth-Waldner-Steg. Die Namensgeberin vermachte der Bürgerstiftung Wangen im Allgäu im Jahr 2019 ein beträchtliches Vermögen samt ihrem Haus, Bindstraße 5. Mit der Benennung soll an die Stifterin erinnert werden.

Der benachbarte Steg ist im Privatbesitz. Er heißt Hafnersteg, weil ein Hafner auf der linken Flussseite, wo heute das Wohnhaus steht, seine Werkstatt hatte. Zweimal stürzte er ein 1852 und 1919. Dieser wurde dann nach dem Plan des Wangener Architekten Ludwig Haas als Metallsteg wiedererrichtet und vor Kurzem von der Eigentümer-Familie erneuert.
Oberhalb und unterhalb der Brücke Bad Briel schließt sich der nördlichste Parkabschnitt an. Er behält die Bezeichnung Hinteres Ebnet

Info: Die Zeppelinbrücke, Dornierbrücke, Auwiesenbrücke, Hubert-Sohler-Brücke und Elsbeth-Fueg-Brücke wurden im Rahmen des Sonderprogramms "Stadt und Land" des Bundes sowie des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes gefördert. Die Mittel zur Realisierung stammen aus dem baden-württembergischen Staatshaushalt, den der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat.